Trotz politischer Einmischungen und diplomatischer Hindernisse ergriff Taiwan als Mitglied des APEC-Wirtschaftsbundes zum Nutzen aller 21 Mitgliedsländer die Initiative und demonstrierte damit sein großes Engagement in der Organisation.
Der Globalisierungprozess der letzten zwei Jahrzehnte hat überall in der Welt die Bedeutung der regionalen Wirtschaftssysteme hervorgehoben. Seit den achtziger Jahren sind bestehende regionale Abkommen erweitert worden, und es wurden neue regionale Vereinbarungen unterzeichnet oder werden derzeit verhandelt, wodurch die Integration noch vertieft wurde. 1993 entstanden die Europäische Union (EU) und 1994 die nordamerikanische Freihandelszone (North America Free Trade Area, NAFTA) als Diskussionsforen für Wirtschafts- und Handelsfragen, auf denen offizielle Vertreter aus jedem beteiligten Wirtschaftsraum sich für Wachstum und regionale Entwicklung einsetzen.
Auch die Länder der asiatisch-pazifischen Region erkannten die Notwendigkeit der Einrichtung eines ähnlichen Regionalforums zur Lösung von Wirtschafts- und Handelsfragen an. Auf Initiative von Australien wurde 1989 die "Asiatisch-pazifische wirtschaftliche Zusammenarbeit" (Asia-Pacific Economic Cooperation, APEC) gegründet. Die Hauptziele der APEC bestehen in Handels- und Investitionsliberalisierungen sowie wirtschaftlicher und technischer Zusammenarbeit. Die APEC kümmert sich auch um Fragen, die eng mit regionaler Entwicklung, dem Aufbau sozialer Sicherheitssysteme und stabiler Entwicklung zusammenhängen, und sie reagiert auf regionale Probleme wie die Asienkrise im Jahre 1997.
Im Gegensatz zu anderen Regionalgruppen oder Handelsorganisationen arbeitet die APEC auf der Grundlage unverbindlichen Engagements, keines der Mitglieder unterliegt jeglichen vertraglichen Verpflichtungen. In der APEC werden alle Entscheidungen einvernehmlich getroffen, und das Engagement ist freiwillig. Derzeit hat die APEC 21 Mitglieder: Australien, Brunei, Chile, China, Hongkong, Indonesien, Japan, Kanada, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Papua-Neuguinea, Peru, die Philippinen, Russland, Singapur, Südkorea, Taiwan, Thailand, die USA und Vietnam.
Taiwan war im November 1991 unter dem Namen "Chinese Taipei" in die APEC aufgenommen worden. Zuvor hatte Taiwan bereits enge Handels- und Investitionsbeziehungen mit anderen Staaten der asiatisch-pazifischen Region aufgebaut. Dank der APEC-Mitgliedschaft kann Taiwan seinen Verpflichtungen als Wirtschaftsmacht in der Region nachkommen. So fielen beispielsweise die durchschnittlichen Nominalzölle der Insel von über 20 Prozent zur Zeit des Beitritts auf etwas über 3 Prozent vor dem Jahr 2000. Taiwan erkennt auch an, dass verstärkte Handelserleichterungen die Effizienz von Unternehmen erhöhen und dadurch Betriebskosten senken. Daher hat Taiwan alles in seinen Kräften stehende getan, um die mit diesen Erleichterungen zusammenhängenden Aufgaben zu erfüllen, etwa Vereinfachung und Computerisierung der Zollformalitäten oder Förderung einheitlicher Standards und Maße. Im Bereich der wirtschaftlichen und technischen Zusammenarbeit ist Hilfe für Entwicklungsländer seit vielen Jahren eines der wichtigsten außenpolitischen Ziele der Republik China.
Zusätzlich zur Erledigung seiner Pflichten als Mitgliedsland initiiert Taiwan auch selbst Projekte zur Förderung des Wachstums der Region. 1995 beispielsweise schlug Taiwan die Einrichtung einer Expertengruppe für landwirtschaftliche technische Zusammenarbeit vor und behielt dort bis 1999 die Führungsrolle. Die Gruppe arbeitet weiter an der Entwicklung eines Planes zur Verbesserung der Wirtschaftsentwicklung und sozialen Lage der APEC-Mitglieder durch bessere landwirtschaftliche Kooperation und Aufbau von Kapazitäten. 1999 erweiterte die Gruppe ihren Arbeitsbereich und änderte ihren Namen in Landwirtschaftlich-technische Kooperationsgruppe. Taiwan hatte außerdem in mehreren Arbeitsgruppen Führungspositionen inne, darunter in der Handelsförderungs-Arbeitsgruppe, der Arbeitsgruppe für den Schutz der Meeresökologie sowie der Dienstleistungsgruppe im Handels- und Investitionskomitee.
Ein weiterer Vorschlag aus Taiwan, der von den anderen Mitgliedern gebilligt wurde, ist die Initiative "das digitale Gefälle in eine digitale Chance verwandeln". Auf die Herausforderungen einer sich rasant globalisierenden Wirtschaft reagierte die APEC mit der Entwicklung einer Reihe von Strategien, welche die Mitgliedsländer in die Lage versetzen soll, voll in einer digitalen Gesellschaft mitzuspielen. Beim APEC-Gipfel 2000 in Brunei legten die anwesenden Führungskräfte einen Aktionsplan für die Neue Wirtschaft fest und betonten erneut ihre Entschlossenheit, auf die Schaffung einer digitalen Gesellschaft hinzuarbeiten. Damals verliehen die Teilnehmer ihrer gemeinsamen Sorge Ausdruck, "das digitale Gefälle könne die sozialen und wirtschaftlichen Diskrepanzen in der APEC-Region noch vergrößern", und sie forderten "Partnerschaften zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor, um digitale Gelegenheiten zu schaffen".
Der Fortschritt bei der Umsetzung eines konkreten Aktionsplanes erhielt zusätzlichen Schub, als beim Ministertreffen im Oktober 2001 in Shanghai die "e-APEC-Strategie" gestartet wurde. Im Rahmen dieser Strategie arbeiten die APEC-Mitglieder zusammen an einer Nivellierung des bestehenden digitalen Gefälles und bemühen sich darum, dass alle, einschließlich der Entwicklungsländer sowie der kleinen und mittelständischen Unternehmen, von der Entstehung einer digitalen Gesellschaft profitieren.

Die Werkhalle eines Halbleiterherstellers. Taiwan kann seine Expertise im Hightechbereich mit anderen APEC-Mitgliedern teilen. (Foto: Chang Su-ching)
Die Zweiphasen-Initiative zielt auf eine Überbrückung der digitalen Kluft ab, indem den APEC-Entwicklungsländern bei der Verbesserung ihrer Grundlagen von Bildung und beruflichen Fertigkeiten geholfen wird. Sie soll den Mitgliedern und ihren privaten und öffentlichen Sektoren beim Verständnis, der Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zur Digitalisierung des Versorgungsketten-Managements und der Unternehmens-Ressourcenplanung helfen. Die Sponsoren der Initiative erhoffen sich eine Verbesserung der Kapazitäten von kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Vernetzung mit Zulieferern, Partnern und Kunden zur Erhöhung von Produktivität und Effizienz sowie Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen auf dem Weltmarkt. In der Phase eins der Initiative wurde ein Symposium empfohlen, das im Juli 2001 zusammentrat. Seitdem ist das Projekt in die Phase zwei eingetreten.
Im Einklang mit den Anweisungen der Minister für die Umsetzung und um zu gewährleisten, dass das Projekt sich auch wirklich der praktischen Bedürfnisse der APEC-Entwicklungsländer annimmt, führte Taiwans Delegation im November 2001 bei allen zwölf APEC-Entwicklungsländern eine Umfrage zur Feststellung ihrer Bedürfnisse durch. Die Ergebnisse der Umfrage ließen den Schluss zu, dass e-Business für kleine und mittlere Unternehmen sowie das Versorgungsketten-Manage ment im Hinblick auf Kapazitätenvergrößerung bei der Entwicklung einer digitalen Gesellschaft höchste Priorität genießen.
Andere von Taiwans Delegation initiierte Projekte umfassen die Umsetzung des WTO-Abkommens über grundlegende Telekommunikation, wodurch dafür gesorgt werden soll, dass die WTO-Mitglieder der APEC die in dem Abkommen formulierten Verpflichtungen erfüllen. Das Projekt bietet auch den APEC-Ländern, die nicht Mitglied der WTO (World Trade Organization, zu Deutsch "Welthandelsorganisation") sind, einen Rahmen für die Erfüllung der WTO-Kriterien bei Telekommunikation.
Das Technomart-Netz der APEC, eine weitere von den Taiwanern gestartete Initiative, konzentriert sich auf die Schaffung technologischer Verbindungen in APEC-Ländern für den Austausch von Informationen und innovativen Dienstleistungen. Ein anderer, ehrgeizigerer Plan der Taiwaner ist die kooperative Entwicklung eines landwirtschaftlichen Finanzsystems, wobei landwirtschaftliche und ländliche Gemeinden durch a) die Stärkung der landwirtschaftlichen Finanzen in jedem APEC-Land, b) Sammeln und Austauschen von Informationen über landwirtschaftliche Finanzsysteme, c) Aufbau von Datenbanken über Fachleute, Berater und Schulungsmöglichkeiten, und d) die Einrichtung eines regionalen Agrarkredit-Informationsnetzes entwickelt werden sollen.
Das APEC-Symposium über Personalverwaltung bei kleineren und mittelständischen Unternehmen konzentriert sich auf die Globalisierung der Personalverwaltung und transkulturelles Unternehmertum, die Verbindung von Personalverwaltung mit technologischem Wandel, die Verbesserung der Organisationskompetenz durch Personalverwaltung, die Entwicklung von Personalverwaltung der kleineren und mittelständischen Unternehmen im Dienstleistungssektor, und die Integrierung der Personalverwaltung kleinerer und mittlerer Unternehmen in der asiatisch-pazifischen Region. Die Studie über die Auswirkungen des elektronischen Handels auf die kleinen und mittelständischen Unternehmen -- deren Erkenntnisse sich auf Untersuchungen vor Ort, Technologieanalysen, Analysen von Potenzial und Anwendung sowie Sammlung und Analyse von Infrastrukturinformationen stützen -- bietet Unternehmen, Regierungen und den APEC-Mitgliedern Empfehlungen, wie man Technologie für den e-Handel am besten anwendet und wie diese Technologie sich aufs Geschäft auswirkt.
Die Regierung der Republik China hat zudem das Taiwan-Institut für Wirtschaftsforschung zum "APEC-Studienzentrum von Chinese Taipei" erklärt, das die Entwicklung der APEC mit Förderung von Langzeitforschung und analysen unterstützt. Das Zentrum dient auch als Sekretariat des APEC-Wirtschaftsberatungsrates (APEC Business Advisory Council, ABAC), der für die Verwaltungsarbeit und die Vorbereitung der taiwanischen Delegation für den Spitzenmanager-Gipfel der APEC verantwortlich ist.
Seit der Aufnahme in die APEC im November 1991 beteiligt sich Taiwan engagiert und enthusiastisch an den Aktivitäten der Organisation und leistet mit größtem Einsatz Beiträge in einem weiten Bereich. Doch obwohl die APEC als Forum für die "Förderung von Wirtschaftswachstum, Zusammenarbeit, Handel und Investitionen in der asiatisch-pazifischen Region" gilt, kommt zuweilen die Politik diesen Zielen ins Gehege. Taiwans Rechte als Mitglied und auch seine Beiträge werden manchmal auf politischen Druck aus Beijing eingeschränkt. So durfte Taiwan beispielsweise nicht an den Anti-Terror-Konferenzen der APEC 1999 und 2002 teilnehmen. Auch wird es Taiwan verwehrt, als Gastgeber von Ministerkonferenzen und Treffen der Spitzenpolitiker zu fungieren. Zudem wurde Präsident Chen Shui-bian von den APEC-Konferenzen der Wirtschaftsführer ausgeschlossen. Das Gastgeberland schickt in der Regel eine Einladung an den Präsidenten der Republik China, von dem dann aber erwartet wird, eine "gängige Praxis" zu befolgen, nämlich in seinem Namen einen Minister oder Wirtschaftskapitän zu schicken und nicht persönlich an der Konferenz teilzunehmen.
Diese Beschränkungen können Taiwan nicht entmutigen, an den Foren teilzunehmen. Allerdings könnte Taiwan wirksamere Beiträge für die APEC leisten, wenn die Beschränkungen der Teilnahmebedingungen aufgehoben würden. Das würde gleiche Voraussetzungen schaffen und auch den Worten des APEC-Sekretariats zu ihrem Recht verhelfen, die da lauten, dass die Organisation "die Ansichten aller Beteiligten gleichberechtigt respektieren sollte".
(Deutsch von Tilman Aretz)